Die Kosten für Karriere sind zu hoch – diese Ideen könnten helfen

Ich bin umgeben von Erschöpfung. Das liegt ein wenig an meinem Alter: Ich bin Mitte-Ende 30, die Menschen in meinem Leben sind überwiegend zwischen 35 und 50 Jahre alt. Sie fangen früh an, hören früh auf, werden dafür schief angeguckt und arbeiten dann spät abends noch ab, was sie nicht geschafft haben. Zwischendurch streiten sie sich, weil die Energie nicht reicht, um auch noch die Harmonie aufrechtzuerhalten. Und es geht so nicht weiter.

Karriere ist auf Verschleiß ausgelegt. Selbst normale Lohnarbeit ist auf Verschleiß ausgelegt. Und wer es wagt, das zu kritisieren, hört nur: „Erzähl das mal den Kunden, die warten nicht auf morgen früh.“ Oder: „Ich möchte dich mal im Krankenhaus sehen, wenn die Leute dann Feierabend machen.“ Offen gesagt fände ich es super, wenn die Leute im Krankenhaus Arbeitsbedingungen hätten, unter denen sie gut und sicher arbeiten (und leben) können.

Und ja, ich würde das den Kunden wirklich gern erzählen. Wer weiß, wie sie reagieren? Hast du es mal probiert?

Anpassung ist endlich

Flexibilität und überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft sind noch immer Tugenden, die Menschen auszeichnen. Dabei sollten wir uns eher fragen, was es über einen Arbeitgeber sagt, der diese Tugenden fordert. Die Ex-Politikerin Antje Kapek schreibt darüber in ihrem Buch Macht und Müdigkeit (Kösel): „Aktuell passt sich der Mensch der Arbeitsgesellschaft an – Erschöpfung und gesundheitliche Leiden inklusive –, so lange, bis irgendwann gar nichts mehr geht. Das muss aufhören.“

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Kapek kritisiert überholte Werte, die, wenn man ihr sehr kluges Buch liest, wirklich seltsam anmuten. Sie fordert Besserung. „Eine Welt, in der nicht Stress, Schlafmangel und Selbstausbeutung heroisiert werden, sondern ein gesunder Lebensstil als cool und erstrebenswert gilt und (…) für alle Menschen möglich ist.“

Das klingt so verdammt logisch, dass man sich dumm dabei vorkommen muss, anderes zu idealisieren. Und erzähl mir nicht, das sei beides gleichzeitig möglich. Das ist es nicht.

Die träge Gesellschaft zieht durch

Die Erfahrung aus 20 Jahren New-Work-Debatte zeigt: Die gesellschaftlichen Veränderungen, die sich so viele Menschen wünschen, werden auf die Schnelle nicht eintreten. Jene, die antreten, um etwas zu verändern, brauchen dafür Macht. Und diese Macht verändert sie – und damit auch ihre Werte. Das zeigen Studien unter anderem des Wissenschaftlers Dacher Keltner von der UC Berkeley.

So bleibt die Leistungsnorm stabil – die träge Gesellschaft zieht durch, weil ihr jede Alternative dazu falsch vorkommt, verwerflich, undenkbar. Dabei sehen wir hier nichts anderes als eine Sozialisation, die von den Bedürfnissen einer kleinen Elite geformt wurde. Leistung ist Religion, Leben ist Verrat.

Die Generation Z ist unsere Chance auf Veränderung. Sie sind die ersten, die das Problem nicht von oben lösen wollen, sondern durch konsequente Verweigerung. Schließen sich Menschen anderer Generationen ihnen an, dann könnte das etwas werden.

Ideen für heute, morgen und nächste Woche

Der erschöpften Gesellschaft der Gegenwart bringt das wenig. Was tun wir also jetzt? Hier sind ein paar mittelmäßige Ideen, die wenigstens besser als nichts sind:

  1. Macht euch bewusst, was ihr leistet. Fühlt sich alles zu viel an, dann ist das kein Zeichen von Versagen oder Minderwertigkeit. Vielleicht ist einfach alles zu viel.
  2. Sprecht über eure Idee vom Leben. Bei After-Work-Partys sprechen die Workaholics darüber, wie man mehr leisten kann. Versucht das anders: Trefft euch in der Mittagspause und sprecht darüber, wie ihr mehr leben könnt.
  3. Seid realistisch. Es ist okay, 40 Stunden zu arbeiten und dabei von 32 Stunden und einem ruhigen Abend zu träumen. Sich einzureden, dieser Traum sei ein Zeichen von Schwäche, ist absurd. Träumt härter.

Noch immer gehen wir davon aus, dass Menschsein einem Zweck dient und dass dieser Zweck ist, für den Erfolg anderer zu arbeiten.

Die Evolutionstheorie lehrt uns: Der Zweck allen Lebens ist die Fortpflanzung. Was wir darüber hinaus tun, ist uns überlassen. Das bedeutet: Wir haben die Wahl. Und was uns gut und richtig vorkommt, ist von der Gesellschaft konstruiert.

„Mehr“ hat sich nicht bewährt

Wir müssen das nicht annehmen. Wir müssen das nicht so lassen, wie es ist. Und das Wichtigste: Wir müssen nicht alle nach den gleichen Regeln spielen. Wenn Arbeit zu müde zum Leben macht, dann darf sich das ändern. Antje Kapek schreibt: „Was passiert, wenn wir die Menschen länger arbeiten lassen? Wird die Produktivität wirklich steigen? Wird sich der Personalmangel verringern?“

Im Gegenteil, schreibt die Ex-Politikerin. „Die Arbeitswelt beschleunigt sich immer mehr und rennt trotzdem den technischen Entwicklungen hinterher. Dadurch geht den Menschen die Puste aus.“

Das ewige Mehr hat sich nicht bewährt. Lasst uns etwas anderes versuchen.

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