DIE NEUSTEN ENTWICKLUNGEN


Die neusten Entwicklungen

Die deutsche Lokführergewerkschaft GDL setzt im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn auf Eskalation. Was macht der Bahnkonzern dagegen? Und was bedeuten die Streiks für die Reisenden?

Der Schriftzug «Nicht einsteigen» leuchtet auf einem Regiozug der Deutschen Bahn (DB) im Hauptbahnhof Hannover.

Der Schriftzug «Nicht einsteigen» leuchtet auf einem Regiozug der Deutschen Bahn (DB) im Hauptbahnhof Hannover.

Julian Stratenschulte / DPA

Die neusten Entwicklungen

  • Pendler und Reisende müssen sich seit Donnerstagmorgen (7. 3.) erneut Alternativen zur Bahn suchen. Wegen des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer kommt es seit 2 Uhr zu erheblichen Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Das Grundangebot an Zugfahrten sei am Morgen wie geplant angelaufen, hiess es. Erneut sind demnach lediglich rund 20 Prozent der Fernzüge im Einsatz. Im Regionalverkehr sind die Auswirkungen unterschiedlich. Bis Freitag um 13 Uhr soll der Ausstand andauern. «Im Regional- und S-Bahnverkehr wird nach Streik-Ende das Angebot bis zum Tagesende schrittweise wieder ausgeweitet». Im Fernverkehr hingegen soll laut Bahn erst am Samstag wieder das komplette Angebot zur Verfügung stehen. Im Güterverkehr hatte der Ausstand der GDL bereits am Mittwochabend begonnen. Hier soll der Arbeitskampf bis Freitag um 5 Uhr andauern.
  • Der neuste Streik der Lokführergewerkschaft GDL hat am Mittwoch (6. 3.) um 18 Uhr begonnen. Betroffen ist vorerst der Güterverkehr. Ab dem frühen Donnerstagmorgen um 2 Uhr wird auch der Personenverkehr beeinträchtigt sein. Wie der GDL-Chef Claus Weselsky am Montag angekündigt hatte, wird der Streik 35 Stunden dauern. Weitere Ausstände sollen ohne Ankündigungsfrist von 48 Stunden folgen. Die GDL hatte zuvor erneut eine Verhandlungsrunde vorzeitig scheitern lassen. Der Streik wird nach Darstellung der Deutschen Bahn «massive Auswirkungen» auf den Betrieb haben. Personalvorstand Martin Seiler kritisierte zudem die Ankündigung der GDL, über weitere Streiks künftig nicht mehr mindestens 48 Stunden vorher zu informieren. «Diese sogenannten Wellenstreiks sind eine blanke Zumutung für unsere Fahrgäste.» Die Bahn sei weiter bereit, konstruktive, aber realistische Lösungen zu finden. Die Maximalforderungen der GDL seien jedoch unerfüllbar und gefährdeten das Eisenbahnsystem erheblich, so Seiler.
  • Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hat am Mittwoch (6. 3.) mit der falschen Darstellung eines Zwischenstands bei den Bahn-Tarifverhandlungen Unverständnis ausgelöst. Weselsky hatte den von der Deutschen Bahn angenommenen Vorschlag der Vermittler bei einer Pressekonferenz am Montag falsch dargestellt: Statt der angebotenen Senkung der Wochenarbeitszeit in zwei Schritten auf 36 Stunden bis 2028 bei vollem Lohnausgleich hatte Weselsky von einer Absenkung auf lediglich 37 Stunden gesprochen, bei der eine weitere halbe Stunde Reduzierung optional und mit finanziellen Einbussen für die Beschäftigten verbunden gewesen wäre. Im Gespräch mit der «Süddeutschen Zeitung» räumte Weselsky am Dienstag ein, ihm sei bei dieser falschen Darstellung ein «Denkfehler» unterlaufen. Das ändere aber nichts an seiner Haltung, fügte er hinzu. Der Präsident des Bundesverbands Schienennahverkehr, Thomas Prechtl, sagte am Mittwoch, es dürfe nicht passieren, «dass Millionen Fahrgäste ab Donnerstag wegen eines solchen Denkfehlers erneut nicht zur Arbeit kommen können, weil streikbedingt keine Züge fahren».

Warum wird gestreikt?

Seit Monaten ringen die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und die Deutsche Bahn um einen neuen Tarifvertrag.

Hauptstreitpunkt zwischen DB und GDL ist und bleibt die Arbeitszeit: Die GDL fordert für Schichtarbeiter eine schrittweise Senkung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnkürzung von derzeit 38 Stunden auf 35 Stunden ab dem 1. Januar 2025. Die DB lehnt dies bis jetzt mit dem Argument ab, dass sie hierzu rund 10 000 neue Mitarbeiter einstellen müsste, was nicht nur sehr teuer, sondern angesichts des ausgetrockneten Arbeitsmarkts auch gar nicht realisierbar wäre.

Die DB teilte nach dem Verhandlungsabbruch mit, sie habe Kompromissvorschläge zur wöchentlichen Arbeitszeit gemacht, «die weit über unser letztes Angebot hinausgehen». Die Gewerkschaft hingegen habe sich keinen Millimeter bewegt. «Wir sind an die absolute Grenze dessen gegangen, was finanziell und personell möglich ist. Mehr lassen Demografie und Fachkräftemangel nicht zu, sonst bleiben Züge stehen», heisst es in der Mitteilung.

Die GDL führt als Argument gegen die DB unter anderem an, sie habe mit 28 Anbietern, unter anderem dem Netinera-Konzern und der Go-Ahead-Gruppe, die zusammen acht Bahnunternehmen vertreten, Tarifverträge ausgehandelt, die eine Absenkung der Wochenarbeitszeit von Schichtarbeitern auf 35 Stunden umfassten. Laut eigenen Angaben hat die GDL insgesamt mehr als 60 Tarifpartner.

Die GDL ging unter anderem mit der Forderung nach einer allgemeinen Entgelterhöhung von 555 Euro pro Monat, höheren Zulagen und einer Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro in die Tarifverhandlungen; sie strebt eine Laufzeit von nur 12 Monaten an. In den erzielten Abschlüssen hat sie sich neben der Arbeitszeitverkürzung mit einer Entgelterhöhung um 420 Euro in zwei Schritten und zusätzlich einer Zulagenerhöhung und einer Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro begnügt.

Letztmals hat die GDL Ende Januar einen mehrtägigen Streik durchgeführt, der jedoch frühzeitig beendet wurde. Es war bereits der vierte Streik in den laufenden Tarifkonflikten.

Warum darf die GDL so viel streiken?

Am 24. November hat die Gewerkschaft die Verhandlungen mit der DB nach nur zwei Verhandlungsterminen für gescheitert erklärt und zwei jeweils eintägige Warnstreiks durchgeführt.

Daraufhin führte sie eine Urabstimmung bei ihren Mitgliedern durch, die bei der DB, den Transdev-Unternehmen und weiteren Bahnunternehmen beschäftigt sind. Am 19. Dezember gab die GDL bekannt, dass 97 Prozent der GDL-Mitglieder bei der DB und den Transdev-Unternehmen mit Ja gestimmt und damit den Weg frei gemacht hätten für eine Ausweitung der Arbeitskämpfe auf längere, auch unbefristete Streiks. Die Stimmbeteiligung lag laut Angaben der GDL bei 70 Prozent.

Dem dreitägigen Streik der Lokführergewerkschaft GDL waren eintägige Warnstreiks im November und im Dezember vorangegangen.

Dem dreitägigen Streik der Lokführergewerkschaft GDL waren eintägige Warnstreiks im November und im Dezember vorangegangen.

Wolfgang Maria Weber / Imago

Welche Rolle spielen Gerichte?

Der Arbeitgeberverband der DB- und die Transdev-Unternehmen haben versucht, den Streik Mitte Januar gerichtlich zu verhindern, ohne Erfolg. In den vergangenen Jahren ist die DB mehrfach beim Versuch gescheitert, Warnstreiks auf juristischem Wege zu blockieren. Gegen den neu angekündigten Streik wird die Deutsche Bahn laut eigenen Angaben nicht gerichtlich vorgehen.

Anfang Januar hat die Bahn jedoch beim hessischen Landesarbeitsgericht eine Feststellungsklage eingereicht, um die Frage der «Tariffähigkeit» überprüfen zu lassen. Die DB argumentiert, die GDL habe ihre «Tariffähigkeit» verloren. Sie verweist darauf, dass die GDL im Sommer die Leiharbeiter-Genossenschaft Fair Train gegründet habe, die Lokführer an Eisenbahnbetriebe verleihen wolle. Laut der DB bestehen zwischen Fair Train und GDL enge personelle und organisatorische Verflechtungen. Die GDL trete damit gleichzeitig als Arbeitgeber und Gewerkschaft auf, was zu Interessenkonflikten führe.

Die GDL hingegen sieht eine deutliche organisatorische Trennung zwischen Gewerkschaft und Genossenschaft. Zudem arbeite bis jetzt noch kein Lokführer für Fair Train.

Dieses Verfahren ist hängig, es ist unabhängig von konkreten Streiks, und es dürfte noch einige Zeit dauern, bis ein Urteil vorliegt.

Gab es nicht schon im Sommer 2023 einen Tarifabschluss?

Die DB hat Ende August einen Tarifabschluss mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) erzielt, die viel grösser ist als die GDL. Er umfasst unter anderem eine Lohnerhöhung um 410 Euro in zwei Schritten und eine Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro. Die Laufzeit beträgt 25 Monate. Dieser Einigung waren zwei Warnstreiks vorausgegangen.

Der Tarifvertrag mit der EVG kommt laut Angaben der Bahn für rund 180 000 Beschäftigte zur Anwendung. Demgegenüber würden die Tarifverträge der GDL nur für rund 10 000 Mitarbeiter in 18 der 300 Betriebe des DB-Konzerns gelten. Gleichwohl ist die GDL stark genug, um das empfindliche System Bahn weitgehend lahmzulegen.

Laut dem Tarifeinheitsgesetz wird in einem Betrieb der Tarifvertrag jener Gewerkschaft angewendet, die dort mehr Mitglieder hat. Vor diesem Hintergrund führen EVG und GDL auch einen Konkurrenzkampf um Mitglieder und Einfluss – und der GDL-Chef Claus Weselsky sucht das Verhandlungsergebnis der EVG zu übertreffen.

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